Recht

Künstliche Intelligenz: Eine Herausforderung für das Urheberrecht

02. Mai 2024

Inwieweit ist es zulässig, KI-Anwendungen mit urheberrechtlich geschützten Daten zu trainieren? Sind KI-generierte Schöpfungen urheberrechtlich geschützt? Diese Fragen zeigen, dass das Urheberrecht in einer KI-basierten Wirtschaft eine zentrale Stellschraube bildet. Ein Kommentar von Philipp Homar, WU Professor für Immaterialgüterrecht.

KI-basierte Anwendungen (zB große Sprachmodelle wie ChatGPT) werden mit einer Unmenge an Daten trainiert, welche oftmals urheberrechtlichen Schutz genießen. Inwieweit die Nutzung von geschützten Inhalten zum KI-Training zulässig ist, ist eine Frage, die aktuell kontrovers diskutiert wird und in den kommenden Jahren die Gerichte beschäftigen wird. Ein erster Rechtsstreit wurde von der New York Times eingeleitet, in dem sich die Zeitung gegen die Nutzung der Zeitungsinhalte zum Training des großen Sprachmodells ChatGPT zur Wehr setzt.

In Österreich und der EU gibt es eine gesetzliche Bestimmung (§ 42h UrhG), welche die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten als Text- und Data-Mining („TDM“) gestattet. Es sprechen gute Gründe dafür, dass auch das Training einer generativen KI als TDM zu qualifizieren ist und daher grundsätzlich keine Zustimmung der Urheber*innen erfordert. Wenn Urheber*innen nicht möchten, dass ihre Inhalte zum Training einer kommerziellen KI-Anwendung verwendet werden, können sie dies durch das Aussprechen eines (maschinenlesbaren) Vorbehalts verhindern. Ob diese Rechtslage geeignet ist, die Entwicklung von KI-Anwendungen zu fördern und die Interessen der KI-Betreiber*innen mit jenen der Urheber*innen in Ausgleich zu bringen, gilt es näher zu beforschen.

KI-generiertes Bild

Dieses Bild hat die Adobe-KI Firefly in wenigen Sekunden erstellt (Prompt: „Mona Lisa in 60s Pop Art style, high detail, colorful“). Wer ist der/die Urheber*in dieses Bildes? Die Person, die den Prompt eingegeben hat? Die Personen, die das Training der KI programmiert haben? Oder die vielen Künstler*innen, mit deren Daten die KI gefüttert wurde? 

Urheberrechtlicher Schutz an KI-generierten Ergebnissen

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob durch KI-Anwendungen erzeugte Texte oder Bilder selbst einen urheberrechtlichen Schutz genießen. Dies entscheidet letztendlich darüber, ob Nutzer*innen bei Verwendung eines mittels ChatGPT erstellten Textes mit dem Urheberrecht in Konflikt geraten können oder nicht. Obwohl dies nicht explizit im Urheberrechtsgesetz geregelt ist, ergibt sich aus einer Gesamtschau, dass zum derzeitigen Stand nur menschliche Schöpfungen urheberrechtlichen Schutz genießen. Insofern ist entscheidend, ob sich die mit KI-Anwendungen erzeugten Texte oder Bilder als menschliche Schöpfungen qualifizieren lassen. Dazu ist erforderlich, dass zumindest ein Mensch die schutzfähigen Elemente (bei Texten insbesondere die sprachliche Struktur, bei Bildern die visuelle Ausprägung) in hinreichendem Ausmaß vorhersehen konnte.

Bei den Entwickler*innen einer KI-Anwendung wird dies aufgrund der Komplexität der Anwendung in der Regel nicht gegeben sein. Bei den Nutzer*innen einer KI-Anwendung ist zu unterscheiden: Das bloße Eingeben einer Frage in ChatGPT ist nicht ausreichend, um ein Urheberrecht an dem Ausgabetext zu bekommen. Geben Nutzer allerdings Eingaben („Prompts“) ein, welche die Erzeugnisse sehr konkret vorzeichnen, scheidet ein Schutz allerdings nicht kategorisch aus. In einer Entscheidung in China wurde aktuell einer Person ein Urheberrecht zugesprochen, die mittels eines KI-basierten Bildgenerators ihre Prompts so oft angepasst hat, bis das erzeugte Bild ihren Vorstellungen entsprach. Auch dies zeigt, dass in Einzelfällen durchaus Fälle denkbar sind, in denen ein Urheberrecht zugunsten von Nutzer*innen von KI-Anwendungen entstehen kann.

Portraitfoto Philipp Homar

Philipp Homar ist Universitätsprofessor und Vorstand der Abteilung für Informationsrecht und Immaterialgüterrecht an der WU. Bei der Langen Nacht der Forschung am 24. Mai 2024 hält er einen Vortrag zum Thema Urheberrecht und KI, bei dem er im Detail auf die hier genannten Fragen eingehen wird.

zurück zur Übersicht